Ich habe jahrelang mit Blick auf die Viaduktbögen im Kreis 5 gearbeitet. Sie waren allgegenwärtig. In den 90ern, als wir noch vor grossen Röhrenbildschirmen arbeiteten, benötigten wir faradaysche Käfige, damit die elektrischen Differenzen abgefangen werden konnten. Unsere Bildschirme flimmerten, weil sich Starkstromleitungen über den Viadukt zogen. Die Computertechnologie veränderte sich, die Abdeckungen verschwanden, die Sicht auf die Viaduktbögen blieb. Unsere Büros lagen im 4. Stock, d.h. auf Augenhöhe mit den Zügen. So spielten wir ab und zu »Stellwerk« und fertigten im Witz S-Bahn-Kompositionen, die auf dem Viadukt zum stehen kamen per Pseudo-Funkspruch oder per nervösem Drücken auf der Telefontastatur ab. Wir führten neue Auszubildende hinters Licht und beauftragten sie Listen zu führen, wann welche S-Bahn vorbeifuhr. Der Viadukt gehörte zu unserem täglichen Leben. Als wir in den Medien lasen, dass die Viaduktbögen ausgebaut werden und neues Leben einziehen würde, waren wir erfreut. Zuerst jedoch vermissten wir den italienischen Feinkostladen, wo die Mama zwar kein Wort deutsch sprach, aber mit Sicherheit die beste Pizza verkaufte. Nach und nach verschwand das Leben in den Viaduktbögen und wir machten einen Bogen um die Bögen.
Seit zwei Jahren arbeite ich nicht mehr in diesem Gebiet. Das bedeutet auch, dass ich nicht mehr richtig mitbekommen habe, was läuft. Gestern auf dem Heimweg vom Besuch in Papis Werkstatt schlenderte ich an den Viaduktbögen entlang. Wow. Sieht chic aus. Mich erstaunt, wie viel Mode da angeboten wird.
Noch sind nicht alle Bögen fertig und ich frage mich, wie das ist, wenn die S-Bahn über dem Kopf vorbei donnert. Vielleicht gehört das zum urbanen Konzept, aber ob das Verkaufspersonal damit klar kommt?
An der Limmatstrasse sind die Bauarbeiten noch voll im Gange. Da gibt es auf kommenden Herbst eine Markthalle. Darauf freue ich mich besonders. Heute sieht man noch nicht viel davon. Die Blachen verweisen jedoch schon auf Kulinarik.
14.04.10
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