Ich bin infiziert. Und obwohl ich als Kind davon geträumt habe, Greenpeace-Aktivistin zu werden, bin ich von der braven Sorte. Ich trau mich kaum, etwas Revolutionäres anzupacken, ich träume lieber davon.
Als ich jedoch letzthin das Buch
Guerilla Gardening von Richard Reynolds entdeckte, schob sich ein kleines, freches Etwas in meinem Kopf an vorderste Front.

Schon vor Jahren versuchte ich das langgezogene Garagendach in meinem Hinterhof mit gezielten Samenbomben zu bepflanzen. Im ersten Anlauf war meine Samenbombe zu leicht und obwohl ich sehr genau zu zielen versuchte, landete das Geschoss nur wenige Meter unterhalb meines Balkons. Ich versuchte es mit dazugepackten Kieselsteinen, um das Gewicht zu erhöhen und ich wagte mich sogar an eine aus Gummibändern konstruierte Steinschleuder. Die Samenbomben landeten nur vereinzelt da, wo ich sie hin haben wollte und gewachsen ist da nie wirkliche etwas. Der Untergrund ist zu wenig nahrhaft und die Hitze, die im Sommer auf das Dach brennt ist so stark, dass alles was an Hauswurzen und Trockenheit liebenden Pflanzen wächst, im Sommer zu einer ausgemergelten Steppenlandschaft verkommt. So beschränkte ich meine Gärtnerleidenschaft auf meine beiden Balkone und alle meine Fenstersimse und Blumentöpfe.
Von Guerilla Gardening hatte ich schon gehört, denn
Maurice Maggi ist der wohl berühmteste Blumen Grafitti Künstler in Zürich. Er hat einige Baumscheiben [
so heissen im Fachjargon die von Asphalt und Pflastersteinen meist freien Flächen um Strassen- und Stadtbäume] in meiner nächsten Umgebung mit seinen
Blumen Grafittis verschönert. Bloss bei mir vor der Haustüre hinterliess er noch keine Spuren und so könnte es gut sein, dass ich in Zukunft mit dem Schraubenzieher und diversen Blumensamen in der Tasche durch die Welt ziehe. Ja, der Schraubenzieher könnte das ideale Werkzeug sein um unauffällig kleine Löcher in die Erde zu graben und darin Samenschätze zu deponieren. Richard Reynolds schreibt in seinem Manifest:
Ein einfacher Guerilla-Gärtner braucht kein Werkzeug — um Samen zu verstreuen, ist wirklich keine spezielle Ausrüstung nötig. Willst du jedoch sichergehen, dass die Saat auch aufgeht, lohnt es sich, die Erde vorher ein wenig zu lockern. So kann der Samen wesentlich einfacher Wurzeln schlagen als in hartem Grund.
Einigen Leuten aus meinem Umfeld habe ich bereits davon erzählt. Diese oder jene haben sich sogar bereit erklärt, mich auf Streifzügen zu begleiten und vor ein paar Tagen musste ich schmunzeln, als ich etliche Briefchen mit Samen vor meiner Wohnungstüre fand. Eine meiner Nachbarinnen scheint mich darin voll zu unterstützen. Dazu habe ich bereits eine grosse Samenbestellung geordert. Im Webshop von
Pflanzen-Vielfalt. Nicht alles davon werde ich auf fremdem Grund und Boden hinterlegen, einiges wird bei mir wachsen und hoffentlich blühen.
Ich tauch dann wieder einmal ab, in mein botanisches Manifest. Mehr zu meinem Projekt, wenn es blüht.
GUERILLA GARDENING
Ein botanisches Manifest
von Richard Reynolds
aus dem Englischen von Max Annas
15 x 20 cm | 256 Seiten | Klappenbroschur
€ 20,- (D) | € 20,60 (A) | SFr 30,90 (CH)
ISBN 978-3-936086-44-7