16.09.16

33 Jahre seit wir gemeinsam flogen …

Da lag ich in dieser heutigen Vollmondnacht wach und liess die Gedanken kreisen.
Gediminas Prospektas Vilnius
In drei Tagen fliege ich mit meinen Eltern für eine kurze Städtereise nach Vilnius, der Hauptstadt Litauens. Ich war im Frühjahr da, auf einer Blogger-Reise zur Lancierung des Germania-Direktfluges. Die Stadt hat mich begeistert und ich bin felsenfest überzeugt, dass sie meine Eltern ebenfalls packen und inspirieren wird.

Da lag ich also heute Nacht wach und überlegte. Wann flog ich letztmals mit meiner Mutter? Das muss lange zurückliegen. Wir sind nicht so oft gereist, wie man das heute tut. Wenn wir reisten, war das meist mit dem Zug. Ein Auto hatten wir keines. Also, ich rechnete — muss vermutlich 1983 gewesen sein.

Als ich dann heute Morgen bei meinen Eltern anrief, Mami meine Gedanken erzählte, bestätigte sie mir meine Vermutung. Jawohl. Das war 1983. Die ganze Familie flog damals von Zürich nach Barcelona. Das Ticket kaufte sie bei swissair, es hat pro Person 83 Franken gekostet. Der Flug war jedoch mit IBERIA, deshalb steht auch noch der Wechselkurs Schweizerfranken/Pesetas von 1.39 auf dem Ticket. Ich bekam Sitzplatz 17C, was von Hand beim Check-in vermerkt wurde.

Mit meinem Vater bin ich zuletzt nach Paris geflogen. Die Abenteuer-Geschichte habe ich hier vor kurzem erzählt.

Mami lieferte weitere Fotos und mit ihnen erwachen Erinnerungen. Auf dem Flughafen Barcelona, auf dem langen Rollband (heisst in der Fachsprache Fahrsteig) — wir hatten einen solch langen Fahrsteig zuvor noch nie gesehen — erregten wir Aufsehen. Papi hatte eine lederne Reisetasche mit Rollen (damals gab es noch keine Rollkoffer) und der Lärm, welcher diese Rollen erzeugten, herrschte für riesen Aufsehen.

An die Zugfahrt mit dem TALGO von Barcelona nach Valencia mag ich mich nicht mehr erinnern. Das Bild vom Bahnhof finde ich eine Wucht.

Auf dem Busbahnhof in Barcelona standen zig Busse. In keinem der Busse sass ein Chauffeur — so die Erinnerung — aber jeder Bus lief, im Leerlauf. Mein Papi witzelte: "Vermutlich kann bloss einer der Männer einen Bus anlassen. Der kommt morgens um 4 und startet alle Busse, dann lässt man sie den ganzen Tag einfach laufen, weil keiner der Chauffeure fähig ist, wenn einer absäuft, den wieder zu starten." Ich erinnere mich gut an den schwarzen, stinkend russenden Auspuff-Rauch.

Auch an diese Reise, also die Busreise von Valencia nach El Puig mag ich mich nicht mehr erinnern.

Wir hatten von unseren spanischen Nachbarn, bzw. der Eltern meiner Schulfreundin, die Ferienwohnung für die Herbstferien offeriert bekommen. Wir konnten kein Wort Spanisch. Das Dorf war überschaubar. Tourismus nicht wirklich vorhanden. Die Schwägerin sollte uns die Schlüssel übergeben und uns das Haus zeigen. Das war ja vielleicht ein Abenteuer. Wir konnten uns kaum verständigen, wurden aber von der ganzen Verwantschaft regelrecht eingenommen. Gleich am Abend unserer Ankunft trieben sie uns aus dem Haus: "El Torro! El Torro!" versuchte sie uns zu erklären, was los war. Wir verstanden nicht wirklich weshalb das ganze Dorf auf der Strasse war.

Der Stier wurde durchs Dorf gejagt. Frauen wurden von den Männern getrennt. Meine Schwester wurde zu den Mädchen auf's Dach eines Hauses geschickt, meine Mutter auf den Balkon, möglicherweise war es die Wohnung des Bürgermeisters, eingeladen. Ich blieb bei meinem Vater auf der Strasse. Obwohl, ein Mädchen da gar nichts zu suchen hatte. Bappi hat gezeichnet, was sich da auf der Strasse ereignete. Ich erinnere mich wage, an alte und junge Männer die an Fensterläden, Balkongitter, Brüstungen und Holzwänden hochsprangen um sich vor dem wilden Stier in Sicherheit zu bringen.

Irgendwann hatten wir kein Wasser mehr. Weil man uns vergessen hatte zu zeigen, wie man die Zuleitung zur Zisterne öffnet. Wir wurden mitgenommen auf die Orangen- und Mandarinen-Plantagen. Ich habe nie wieder so fruchtige Zitrusfrüchte gekostet.

Wir fuhren ans Meer, an einen Ort, wir nannten ihn das Ende der Welt, und hatten kurzzeitig Angst, dass wir von dort nie wieder wegkommen würden. Es gab keinen Fahrplan und wir waren uns nicht sicher ob an dem Tag noch ein Bus fährt … Trotzt all der Hindernisse, sind das unvergessliche Ferien-Erlebnisse.


Dies war die letzte Flugreise, die ich mit meiner Mutter gemacht habe. Den ersten Flug mit Mami hatte ich kurz nach meiner Geburt, im Kinderwagen. Mami hat oft erzählt, wie die Stewardessen auf dem Swissair-Flug von Zürich nach Paris Freude an mir gehabt hätten. Zweimal sind wir also bereits miteinander geflogen. Nächste Woche tun wir es wieder und ich hoffe, wir können das Foto von uns dreien genau so wiederholen.

Ein ganzes Album mit Bildern von Vilnius gibt es übrigens in diesem Flickr-Album.

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